Schülerzeitung

Das Weihnachtswunder

Es war kurz vor Weihnachten und eigentlich sollte es eine schöne Zeit werden. Wenn es nicht das Jahr 2020 wäre. 

„Reichst du mir bitte die Kugeln für den Baum?“, fragte ich meinen großen Bruder Jonas, eines kalten und trüben Tages. Er antwortete: „Hier.“ Trotz der ganzen Corona-Pandemie versuchten mein Bruder und ich uns, alleine ein schönes Weihnachtsfest zu gestalten. Meine Eltern waren, kurz vor Weihnachten, nach Weihnachten auf Geschäftsreise gereist. Es war sehr dringend, deshalb mussten sie eine Woche vor dem Fest fliegen. Wir durften nur alleine zuhause bleiben, weil es für drei Tage gedacht war. Nun steckten sie dort fest. Nur der Gedanke daran ließ mich traurig werden. Jonas war 13 und ich 10 Jahre alt. Wir machten dann weiter, das Haus zu schmücken, ohne zu ahnen, was geschehen würde. 

Morgen ist Weihnachten, schoss es mir durch den Kopf. Unser gesamtes Haus war so schön, wie in einem Weihnachtsfilm dekoriert. Es duftete schon herrlich nach Wachs. Mein großer Bruder wandte sich zu mir: „Lena, wenn wir zu Weihnachten etwas Gutes zum Essen haben wollen, müssen wir leider einen Teil unseres Taschengeldes ausgeben.“ Ich antwortete nur mit einem „Ok“. Ich musste ganze 12 € für den Braten ausgeben (Jonas 15 €). Während Jonas das Mahl kaufte, arbeitete ich an seinem Geschenk weiter. Ich klebte weiter Fotos in einem schönen, himmelblauen Fotoalbum ein. Dazu schrieb ich etwas wie „Selfie Time“. Wie schön wäre es doch, dachte ich mir, wenn Mom und Dad hier sein könnten. 

Meine Eltern hatten mir schon einige Male gesagt, dass es wahrscheinlich nicht möglich war. Trotzdem hatten Jonas und ich einen Hoffnungsschimmer. Seufzend klebte ich weiter. Da klingelte es an der Haustür. Bestimmt ist es Jonas, dachte ich mir. Blitzschnell packte ich das Album weg und schritt zur Tür. Als ich sie öffnete, stand Jonas vor der Tür. „Das ist aber ein großer Braten“, staunte ich. „Ja“, antwortete er, „nur für uns beide.“ Er stellte den Braten in der Küche ab und rief mir zu: „Es ist schon spät, du musst ins Bett Lena.“ Unwillig marschierte ich in mein Zimmer. Ich machte mich bettfertig und legte mich in mein warmes, kuscheliges Bett. Ich wendete mich nach links und rechts, aber konnte einfach nicht einschlafen. Ich konnte mir einfach kein Weihnachtsfest ohne meine Eltern vorstellen. Mir gingen viele Gedanken durch den Kopf: Werden Mama und Papa weiterhin in Kanada bleiben? Werden Jonas und ich trotzdem ein schönes Fest verbringen können? Meine Augen blieben lange wach, aber schließlich wurden meine Augenlider zu schwer und schlossen sich. 

Am nächsten Morgen stand ich selber auf. Ich reckte und streckte mich und ging schließlich ins Badezimmer und danach runter. Mein Bruder war schon unten und bereitete das Frühstück vor. „Guten Morgen“, begrüßte er mich. „Morgen“, verkündete ich. Als ich mich an den Tisch setzte, war schon alles gedeckt und vorbereitet. Nach dem Frühstück beendete ich Jonas‘ Geschenk. Der Vormittag und Nachmittag verging wie im Flug. Ich organisierte und plante das Restliche bis zum Abend. Den herrlichen Geruch der Gans konnte man im ganzen Haus riechen. 

Ich freute mich riesig auf den Abend. Jonas rief mich zu Tisch. Mein Herz schlug schneller als vorher, vor Aufregung. Schnell sauste ich die Treppe mit dem verpackten Geschenk für Jonas im Arm herunter. Der Tisch sah entzückend aus. Es war wunderschön gedeckt. Mit blutroten Servietten und mit einer glitzernden, silbernen Tischdecke. Die Gans lag in der Mitte des Tisches. Ich setzte mich an den Tisch und überreichte Jonas sein Geschenk. Dankbar öffnete er es. Ich war aufgeregt und neugierig, ob es ihm gefällt. „Wie schön“, rief er begeistert, „ein Album!“ Ich war ebenfalls glücklich, denn ihm gefiel sein Geschenk. Nun überreichte er mir sein Geschenk. Es war ein Buch, das ich mir seit langem gewünscht hatte. Wir wollten gerade anfangen zu essen, als es an der Tür klingelte. „Nanu“, wunderten wir uns, „wer klingelt denn an Weihnachten und dann noch am Abend?“ Jonas ging zur Tür und öffnete sie. Vielleicht sind es Mama und Papa, dachte ich mir. Ich folgte ihm. Wir waren verwundert. Vor der Tür stand ein kleines Packet mit einem weißen Zettel. Jonas brachte es in das Haus und las die Aufschrift laut vor: „Für unsere allerliebsten Kinder. Wir hoffen, es wird euch ein wenig Gesellschaft leisten, während wir nicht zu Hause sind. Wir haben euch sehr lieb. Lieber Gruß aus Kanada, Mama und Papa.“ 

Im Packet polterte etwas. Neugierig rissen wir das Packet auf. Aufgeregt rief ich: „Wie süß, ein Welpe!“ Jonas sah überraschenderweise auch glücklich aus. „Wuff, Wuff“, bellte der Hund uns an, während er uns das Gesicht ableckte. Wir setzten den Kleinen auf unserem Teppich ab und setzten uns an den Tisch. 

Erneut klingelte es. Überrascht ging ich dieses Mal zur Tür und öffnete sie.  

Wie angewurzelt blieb ich stehen. Besorgt kam Jonas herbeigelaufen. „ÜBERRASCHUNG!“, schrien meine Eltern im Chor. Ich jubelte: „Juhu, ihr seid gekommen!“ Mein Bruder war ebenfalls überglücklich. Wir fielen unseren Eltern in die Arme. „Kommt rein“, erwiderte Jonas, „es gibt genügend Gans für alle!“ Staunend schritten meine Eltern in das Haus: „Und das habt ihr alles alleine vorbereitet?“, fragte uns Papa. „Ja“, antwortete ich. Mom und Dad setzten sich an den Tisch und wir uns dazu. 

„Wie ist das möglich?“, wollte Jonas wissen. „An Weihnachten ist alles möglich. Auch Wunder“, antwortete Mama grinsend. So verbrachten wir ein wunderschönes Weihnachtsfest und quatschten noch sehr, sehr lange.  

von Tanja, 5c